11. Salonnacht am 22. April 2016
da|zwischen
Karl-Heinz Ott, AutorDie Auferstehung |
Drei Söhne und eine Tochter versammeln sich im Haus des verstorbenen Vaters. Lange sind sie nicht mehr hier gewesen. Der Vater hatte sie nicht mehr eingelassen, nachdem sie ihn – ohne Erfolg - für dement erklären lassen wollten. Denn es stand zu befürchten, dass er sein Vermögen seiner Haushälterin, der „ungarischen Hure“, vererben würde. Nun warten die Geschwister neben der Leiche auf den Anwalt, der das Testament verwahrt, „das Schwein“, das einst die Schwester sitzen ließ. Zwischen Erinnerungen, gegenseitigen Schuldzuweisungen und der Angst vor dem Verlust des Erbes finden bizarr anmutende Diskussionen über Tod, Gott und das Jenseits statt, die der Autor mit bösem Witz inszeniert. |
Karl-Heinz Ott stammt aus Ehingen und studierte Philosophie, Germanistik und Musikwissenschaften. Neben der schriftstellerischen Arbeit arbeitete er immer wieder als Theaterdramaturg. Er erhielt zahlreiche Literaturpreise, unter anderem den Thaddäus Troll-und den Candide-Preis. |
William Widmann, Michael Moravek &Charlotte WiedemannA Different Place – Unterwegs ist immer Dazwischen |
Zwischen Abschied und Ankunft liegen Bewegung, Gefahren und Unvorhersehbares. Den Nuancen zwischen Tag und Nacht, dem Grat zwischen Leben und Tod, Glück und Verlust spüren Charlotte Wiedemann in ihren Gedichten und Michael Moravek in seinen Songs nach. Der Schlagzeuger William Widmann verbindet die künstlerischen Elemente Sprache und Musik zu einem durchgängigen percussiven Pulsschlag. Zu hören sind Gedichte, Songs und Beats auf einer Reise zum Dazwischen (in deutscher und englischer Sprache). |
Charlotte Wiedemann ist Wortakrobatin aus Berlin, Michael Moravek Songwriter, Sänger und Gitarrist. Sein neuestes, in Chicago aufgenommenes Album mit seiner Band Planeausters wurde kürzlich veröffentlicht. William Widmann ist Schlagwerker. |
Friederike Gräff, AutorinWarten - Erkundungen eines ungeliebten Zustands |
Was verbindet eine Schwangerschaft, einen Asylantrag und eine versagende Niere? Sie zwingen den Menschen zum Warten: auf ein Kind, auf die Bewilligung des Antrags, auf ein Spenderorgan. „Erkundungen eines ungeliebten Zustands“ nennt die Autorin ihr Buch über das Warten. Denn das erzwungene Verharren zwischen dem Vorher und Nachher empfinden viele als Herausforderung, sogar als Zumutung. Zumal es beim Warten nicht immer gerecht zugeht…Doch was löst das Warten in uns aus? Liegt darin nicht auch ein Gewinn, eine Chance zur Reflektion und Kontemplation? Nicht zu vergessen die Hoffnung, die jedem Warten innewohnt. |
Friederike Gräff absolvierte eine journalistische Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in München. Sie schrieb unter anderem für ZEIT und Süddeutsche Zeitung und ist Redakteurin der taz. "Warten" ist ihr Debüt als Buchautorin. |
Robert Windisch, FilmemacherKurzfilm: Die Stille zwischen den Tönen |
Orgelbauer Felix hat seine Frau verloren. Sie ist nicht wirklich tot, doch schwebt sie, für ihn unerreichbar, im Koma zwischen Leben und Tod. Und auch Felix hängt, verstört und handlungsunfähig, zwischen dem unwiederbringlichen Gestern und einem ungewissen Morgen fest. Am seelischen Tiefpunkt angelangt, unternimmt er eine Reise in die schwedische Einsamkeit. Dort zeigt ihm der Wind einen Weg, mithilfe von Orgeltönen seiner Frau nahe und dennoch frei zu sein. |
Robert Windisch studierte in Köln an der Kunsthochschule für Medien/Fachbereich Film und Fernsehen und schloss mit dem Diplom "Mediale Künste" ab. Seit 2013 arbeitet er als freier Filmemacher und Regisseur. |
Kai-Michael Sprenger, HistorikerZwischen den Stühlen: Päpste und Gegenpäpste |
Im Mittelalter wurde das Papsttum immer wieder in Frage gestellt, wenn mehrere Päpste glaubhaft machen konnten, Stellvertreter Christi auf Erden zu sein. Derartige Papstschismen waren meist weniger theologisch als politisch motiviert und betonen die damalige Abhängigkeit der Kirche von übergeordneten politischen Kräften. Doch wie gingen die Christen im Alltag mit einer solchen Situation zwischen zwei Päpsten um? Welche konkreten Probleme waren damit verbunden - von der Spende der Sakramente über Priester- und Bischofsweihen bis hin zu Fragen der Rechtskraft von Urkunden. Und kann man ohne einen legitimen Papst überhaupt das Ewige Leben erlangen? |
Der frühere Kulturreferent des Landkreises Ravensburg, Dr. Kai-Michael Sprenger, ist Referent für Archive, Bibliotheken, Nichtstaatliche Museen und Landesgeschichte am Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur in Rheinland-Pfalz sowie Geschäftsführer des Instituts für Geschichtliche Landeskunde der Universität Mainz. |
Niels Weidtmann, PhilosophZwischen den Kulturen |
Das "Inter-esse", das Dazwischen-sein als Leben inmitten der Dinge und Ereignisse, ist die Grundform menschlichen Daseins. Der Mensch ist ein soziales Wesen, ein „interessiertes Wesen“, er lebt im und aus dem Zwischen. Das lässt ihn weltoffen sein und sich um sich selbst, andere und die Welt sorgen. Kurz, das Interesse macht dem Menschen zu einem kulturellen Wesen. Kulturen sind selbst nichts anderes als Grundsituationen des Menschseins, eine weitere Dimension des menschlichen Lebens. Im Zusammenspiel der verschiedenen kulturellen Grundsituationen müssen sich die Kulturen in ihrer Menschlichkeit beweisen. Das „Zwischen“ der Kulturen ist der ursprüngliche Ort des Interesses an der Menschlichkeit. |
Dr. Niels Weidtmann studierte Philosophie und Biologie. Er lehrt am philosophischen Seminar der Universität Tübingen und ist dort wissenschaftlicher Leiter des Forum Scientiarum. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt die Interkulturelle Philosophie. |
Anke Stelling, AutorinBodentiefe Fenster |
Sandra lebt mit Mann und Kindern im intellektuellen Öko-Milieu in Prenzlauer Berg in Berlin. Dort hat man sich eingerichtet unter seinesgleichen, teilt in der Komfortzone des eigenen Wohlstands linksprogressive Überzeugungen und ist sich einig, dass Zucker des Teufels ist. Auch Sandra unterwirft sich mit strenger Selbstkontrolle dem politisch korrekten Verhaltens- und Moralkodex. Wäre da nur nicht die Angst vor dem Scheitern und der wachsende Widerwille gegenüber der allgegenwärtigen Heuchelei und den eigenen Lebenslügen. Im Spagat zwischen Autonomiestreben und Aufopferung zerreibt sich Sandra an ihrem Anspruch, perfekte Mutter und Glücksgarantin für ihre Kinder zu sein. |
Anke Stelling hat am Literaturinstitut Leipzig studiert. Ihr fünfter Roman "Bodentiefe Fenster" stand 2015 auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Die dreifache Mutter lebt in Berlin, das Milieu der „Prenzlauer-Berg-Mütter“ ist ihr nicht fremd. |
Andrea Paluch, AutorinZwischen den Jahren |
Eine Ehe voller Vertrauen und ohne große Höhen und Tiefen, komfortabel wie ein ausgeleierter Lieblingspullover. Wie ist es da nur möglich, dass das Ausprobieren einer blonden Perücke bei der Ich-Erzählerin Gedankenspiele auslöst, die scheinbar Unerschütterliches in Frage stellen? Unvermutet findet sie sich verwirrt und orientierungslos in einem Zwischenreich wieder. Ist ihr Mann der, für den sie ihn hält? Und wer ist sie selber? Wenn sich erst einmal ein Verdacht ins Leben schleicht, scheint nichts mehr sicher. Plötzlich erscheint alles vorstellbar, ein Leben jenseits bisheriger Gewissheiten. |
Andrea Paluch studierte Germanistik und Anglistik und promovierte zur zeitgenössischen britischen Lyrik. Sie lebt mit ihrer Familie in Flensburg und ist Autorin mehrerer erfolgreicher Romane, Kolumnistin, Musikerin und Literaturdozentin. |
Julya Rabinowich, AutorinSpaltkopf |
Mischka übersiedelt mit ihrer Familie von Leningrad nach Wien. Plötzlich ist „Lenin, der Freund aller Kinder“ ein „Arschloch“ – und die Verheißungen des Westens locken in Form einer Barbiepuppe. Dostojewski soll helfen, die russischen Wurzeln nicht zu vergessen und trägt zu Mischkas Identitätskrise bei, die sie auch als Erwachsene nicht überwinden kann. Beim Blick in den Spiegel erschrickt sie und glaubt, ihr schaue der Spaltkopf entgegen, ein böser Geist aus ihrer Kindheit. „Ich bin eigentlich nie angekommen. Die Reise nimmt kein Ende.“ Als sie nach dem Mauerfall in ihre Geburtsstadt reist, muss sie erkennen, dass sie auch dort keine Heimat mehr hat. |
Julya Rabinowich emigrierte als Siebenjährige mit ihrer jüdischen Familie aus der damaligen Sowjetunion nach Wien. Sie studierte unter anderem Malerei und Philosophie und hat mehrere preisgekrönte Romane und Theaterstücke veröffentlicht. |
Tilman Allert, Soziologe & Sozialpsychologe Latte macchiato: Die Soziologie der kleinen Dinge |
Zu den ersten – noch unreflektierten - Erinnerungen des „Dazwischen“ zählt der Aufenthalt auf der Besucherritze im Bett der Eltern. Bis aus der milden Akzeptanz des Dazwischen eine Philosophie des Lebens wird, bis dessen Attraktivität entdeckt wird, sind Schrecken und Lust, Einsamkeit und Vergnügen des zwischen den Stühlen Sitzens als Abenteuer zu bestehen. Es dauert eine Weile, das Dazwischen als die Erfahrung einer humanen Daseinsform zu erkennen, die sich auch in vielen nur scheinbar banalen Alltagssituationen widerspiegelt. Der Autor liest neben „Latte Macchiato“ auch aus bisher unveröffentlichten Texten. |
Professor Tilman Allert ist emeritierter Soziologe an der Frankfurter Johann Wolfgang Goethe-Universität. Er ist Buchautor (u.a. „Der deutsche Gruß. Geschichte einer unheilvollen Geste“) und schreibt Beiträge für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Brand Eins und die Neue Zürcher Zeitung. |
Rezension der Salonnacht in der Schwäbischen Zeitung:
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