zwischen Hummer und humpeln:

Humor

Im deutschen Wörterbuch steht zwischen den Wortfamilien Hummer und humpeln das Wort Humor. Es ist wortverwandt mit Humus, aus der Feuchtigkeit kommend. Bereits Hippokrates glaubte, das Lachen würde den Blutfluss fördern. Und auch die mittelalterliche Medizin ordnete Humor zur „Theorie der Säfte“ ein, die von den Sekretionsverhältnissen des Menschen handelt. Demnach sollte nach einem üppigen Mahl unbedingt gelacht werden, um die Verdauung anzuregen. So wurden Narren und Schelme als ein Gang beim mittelalterlichen Mahl gesellschaftsfähig. Sie verleiteten zu Spott und Schadenfreude, wenn die von der Völlerei müden Geister nicht mehr zum Denken fähig waren. Aber sie begannen auch den erlauchten Herrschaften einen Spiegel vorzuhalten. - Und die Comedia dell Arte entstand.

Seit dem 16. Jahrhundert gilt Humor im Englischen als Laune und Gemütszustand.  Schwarzer Humor wird als Scherzen mit dem Schrecken, mit dem Grauen definiert, während Galgenhumor als Heiterkeit im Bewusstsein des Unentrinnbaren gilt. Seit dem 18. Jahrhundert wird Humor auch im deutschsprachigen Raum als heitere Gemütsverfassung verstanden.

Heiterkeit kommt mit Lachen einher. Kann ein Hummer lachen? Affen, Pferde und Ratten können es. Aber kann ein Pferd Galgenhumor entwickeln - vor der Unentrinnbarkeit seines Schlachters? Die Deutung über was  das Tier lacht, besagt nichts über seinen Gemütszustand. Das tierische Lachen ist eine Reaktion - auf Kitzeln zum Beispiel.

Und wie verhält es sich mit Spaßvögeln, mit den sich ausschüttenden Lautlachern, die andere anstecken wollen, weil Lachen die Langeweile verjagt oder vor dem Sumpf des Lebens bewahrt?  Vielleicht haben Spaßvögel Lachkurse bestanden und trainieren  Lachyoga. Wussten Sie, dass es in Stuttgart eine Lachschule gibt? Eine Spaßschule gibt es nicht. Obwohl wir als Spaßgesellschaft gelten. Bei uns und in aller Welt setzen Eltern und Tierbesitzer ihre Lieblinge zum Spaß komischen Situationen aus und stellen sie bei youtube ins Netz. Spaßzüchter in Rundfunk und Fernsehen inszenieren Situationskomik für ihre Kunden. 

Komik ist der Grundstoff für Humor. Das Mittel dazu ist übertreiben oder untertreiben im Verbalen, in Geste, Ton, Farbe mit einem Stift oder in einer Handlung. Somit wird Komik begriffen als Wahrnehmung eines Konfliktes oder widersprüchlicher Prinzipien. Dazu ein Dialog aus einer jüdischen Sammlung: „Reb Kopel ist gestorben. Gehst du zu seinem Begräbnis?“ „Warum sollte ich. Wird er zu meinem kommen?“

Marleen Stoessel zitiert in ihrem Buch einen zum Tode Verurteilten, der am kommenden Montag gehängt werden soll. Als er es erfährt, sagt er: „Montag? Na, die Woche fängt ja gut an!“

Einer unausweichlichen Situation Komik abzuknöpfen, ihr mit Humor zu begegnen, das wohnt im Menschen als etwas dem Menschen ganz Eigenes. Das ist human.  Besonders kindlicher Humor hüpft geradezu über Hoffnungslosigkeit, sucht mit unvoreingenommener Vorstellungskraft nach Lösungen für Unverstandenes oder Erdrückendes und verwandelt somit Schweres in Leichtes. Doch Humor kann auch aberzogen werden durch bedingungslos geforderten Gehorsam oder verkehrte Moral. Er pervertiert zum Verstummen, hin zur Gefolgsamkeit, zu Macht und Terror. Das kann in Familien beginnen, ist in Diktaturen zu finden und fundamentalistischen Religionen. Fanatisten fehlt dieser menschliche Zug. Terror ist humorlos.

Von uns Deutschen sagt man, wir hätten wenig Humor und wären verhalten im Lachen. Dazu meint der Philosoph Lenz Prütting: „Wir Deutschen haben eine lange Geschichte der Verurteilung des Lachens hinter uns, die sich in der Gefolgsamkeit zu Mönchen, Kaisern, Nazis bis hin zu Funktionären des Kommunismus‘ zeigt. - Dahinter steckt die Idee, dass andere nur beherrschen kann, wer sich selbst beherrscht. - Und dass das Lachen ein Verlust der Selbstbeherrschung ist.“ 

Prütting wurde gefragt, worüber die Deutschen lachen und antwortete: "Im Fernsehen wird vor allem eine bestimmte Art des Lachens provoziert. Die des Auslachens. Sie funktioniert immer dann, wenn es beim Zuschauer an Humanität fehlt. Fehlt es daran nicht, setzt Verlegenheit ein….“  Und wie ich meine:  Mitgefühl.

Humor kann gelernt werden, behaupten Psychotherapeuten und verweisen auf Workshops unter dem Motto: „Das kann ja heiter werden“ oder „Wie Humorstrategien verblüffender Weise Konflikte lösen“. Es gibt ein Humor-Training, Humor-Museen mit komischer Kunst, Humor in Koffern und sogar Humor-Restaurants. Eins gab es in Zürich. Wer dort einen Witz erzählte, bekam sein Essen gratis. Allerdings ist das Lokal inzwischen geschlossen.

Eins ist sicher nach Julius Otto Bierbaum: „Humor ist, wenn man trotzdem lacht.“ In peinlichen Situationen, wenn Diktatur und Hoffnungslosigkeit zu erdrücken scheinen, beginnt sich Humor wie ein Pflänzchen zu regen, in kleine Spitzen, in Übertreibungen, Witzen, Häme bis hin zum Sarkasmus.

Humor hilft das Hoffen zu lehren und Mut. Kennen Sie die Legende des Märtyrers, der im heißen Öl schmoren soll und zu seinen Peinigern sagt: „Es ist noch zu kühl.“ - Die Peiniger wollen das Öl prüfen und sie verbrennen sich alle ihre Hände. Das Lachen im Angesicht des Todes ist das letzte Aufbäumen, die letzte geistreiche Waffe gegen Unterdrückung und Machtlosigkeit.

Gestatten wir den Facetten des Humors eine Bühne. Auch der Schadenfreude, der Häme, dem Spott, Ironie, Satire und sogar dem Sarkasmus. Denn sie sind menschlich und spiegeln Ängste, Nöte, Sorgen und die Gefahr von Bösem. Wir sind überzeugt, Sie werden heute in den Vorträgen unserer Autoren diese Nuancen  erleben und wünschen  Ihnen einen heiteren und humorvollen Abend.