5. Salonnacht am 17. April 2010 zum Thema:


Wahrheiten über die Lüge

 

 

Einführung von Karin Nowak




Thomas Klupp, Autor

"Paradiso“

Alex landet als Anhalter im Auto eines früheren Mitschülers. Spontan beschließt er, in seinen Heimatort zu fahren und versetzt seine Freundin. Kein Thema für Alex, denn Problemen weicht er geschickt mit Flunkereien nach dem Motto „take it easy“ aus. Doch als er seiner Jugendliebe begegnet, entfaltet sein notorischer Selbstbetrug eine zerstörerische Kraft.




Thommie Bayer, Autor

"Singvogel“

Mit einer Lüge tritt Jana per E-mail in das Leben von Christian, der ihr Vater sein könnte. Ein vermeintlich wahrhaftiger Dialog entsteht, der von Vertrauen und Intimität geprägt ist. Doch die entscheidende Wahrheit behält Jana bis zum Schluss für sich. Und so verliert Christian etwas, von dem er bis dahin nicht einmal wusste, dass er es besaß.




Joachim Zelter, Autor

"Die Würde des Lügens“

Großmutter hat in bessere Kreise eingeheiratet und dominiert mit ihrem Bildungsdünkel die Familie. Ihr Enkel biegt die Wahrheit gemäß ihren Erwartungen zurecht und wird so zum Liebling der Großmama, die die Lüge als „krankhafte Charakterschwäche“ verachtet. Mit feiner Ironie erzählt Joachim Zelter, wie auch selbsternannte Wahrheitsapostel sich nur zu gerne täuschen lassen.




Susanne Kraft, Autorin

"Seenot“

Im Krimi nach einem Bodensee-Tatort lügen nicht nur Verdächtige, sondern auch die Schweizer Ermittler vom anderen Ufer des Sees. Kommissarin Klara Blum muss herausfinden, wer warum für wen lügt. Die Lesung findet im Arbeitszimmer der Drehbuchautorin Dorothee Schön statt, in dem zahlreiche Tatorte erdacht und geschrieben worden sind.




Barbara Flückiger, Filmwissenschaftlerin

"Falsche Fährten im Film"

Ein Nobelpreisträger konstruiert eine Scheinwelt; ein Kinderpsychologe überlebt scheinbar einen Mordanschlag; eine Familie glaubt in einem Gespensterhaus zu wohnen. Mit welchen dramaturgischen Tricks die Zuschauer in die Irre geführt werden, erklärt die Professorin des filmwissenschaftlichen Institutes Zürich anhand von Filmbeispielen. 




Ulrich Fentzloff, Theologe & Dichter

"Lüge als tragisches menschliches Phänomen"

Anhand ausgewählter Texte von Sophokles, Sartre und Thomas Mann wird deutlich, dass Lüge nicht nur vermeidbares Fehlverhalten, sondern im Sinne von Lebenslüge auch auswegloses Ausgeliefertsein bedeuten kann. Im zweiten Teil des Abends liest Ulrich Fentzloff Gedichte zu Lebenslügen aus dem Zyklus „Mein weißes Herz, die Totenstube“. 




Matthias Katzer, Philosoph

"Die Moralphilosophie Immanuel Kants"

Der einflussreichste Philosoph der Aufklärung provoziert mit seinem strengen Lügeverbot: Lügen ist nicht einmal erlaubt, um einen Unschuldigen vor seinem Mörder zu retten. Diese Ansicht erscheint als so extrem, dass die Moralphilosophie Kants insgesamt fragwürdig wird. Was können wir dennoch von Kants Gedanken über das Lügen lernen?




Steffen Nowak & Michael Borrasch

lasen den Briefroman „Adressat unbekannt“ von Kressmann Taylor

Die Freunde Max Eisenstein und Martin Schulse betreiben eine Kunstgalerie in den USA. Schulse zieht 1932 nach Deutschland, wird zum überzeugten Nazi, liefert Eisensteins Schwester der SA aus und bricht den Briefwechsel zum Juden Max ab. Doch dieser schreibt unbeirrt weiter Briefe an den deutschen „Freund“, die zunehmend die Gestapo interessieren.




Gerald Schwedler & Kai Sprenger, Historiker

"Die Lüge als politisches Instrument in der Geschichte"

Der Streifzug durch die Geschichte beschäftigt sich mit dem Phänomen der politisch motivierten Lüge und der Geschichtsfälschung von der Antike bis zur Gegenwart. Das Höhlengleichnis Platons, Caesars Gallischer Krieg und die Päpstin Johanna werden hier ebenso skizziert wie die Emser Depesche von 1870 und die Legitimierung des 2. Irakkrieges.



Rezension der Salonnacht in der Schwäbischen Zeitung: