4. Salonnacht 2009 zum Thema:
Familienbande
Arnold Stadler, Autor
Familiäres
Arnold Stadler wurde für seine Bücher vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Georg-Büchner- und dem Marie-Luise-Kaschnitz-Preis. „Eigentlich ist mein ganzes Werk mit der Familie befasst“, so der Autor. Er wird vor allem aus „Salvatore“ und „Einmal auf der Welt. Und dann so.“ lesen, aber vielleicht auch mit anderen Büchern überraschen.
Peter Probst & Amelie Fried, Autoren
„Schuhhaus Pallas“
Als die Schriftstellerin Amelie Fried erfuhr, dass ihr jüdischer Großvater und ihr Vater während der Nazizeit verfolgt und mehrere Verwandte im Konzentrationslager ermordet wurden, war das für sie ein Blick in einen Abgrund. In ihrer Familie war nie darüber gesprochen worden. Die Autorin und ihr Mann lesen, erzählen und zeigen Bilder aus der ungewöhnlichen Familiengeschichte.
Silvio Blatter, Autor
„Eine unerledigte Geschichte“
Das Drehbuch für einen Film, der in seinem Geburtsort spielt, lässt beim Filmkomponisten Eric Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend aufbrechen. Erneut durchlebt Eric, uneheliches Kind eines unbekannten Vaters, die ambivalenten Gefühle gegenüber Mutter, Stiefvater, Halbbruder und Großvater. Doch eine Geschichte wird unerledigt bleiben.
Prof. Clemens Wischermann, Sozialhistoriker
"Modell und Wirklichkeit der bürgerlichen Familie"
Die „bürgerliche Familie“ galt in unserer Gesellschaft in den letzten zweihundert Jahren als Normalfall. Wie ist dieses erfolgreiche Familien-, Ehe- und Liebesmodell entstanden? Wie wurde und wird es gelebt? In seinem Vortrag wirft Prof. Wischermann beispielhafte Blicke in die Wirklichkeit der Familie im 19. und 20. Jahrhundert und erklärt, warum sie seit einigen Jahrzehnten an Dominanz verliert.
Prof. Burkhard Liebsch, Philosoph
"Die Offenheit der Familie nach außen und befremdliche Nähe in ihrem Innern"
Das Haus, Inbegriff der Geborgenheit familiären Lebens, wird leicht zu einer Festung, in der die Familie sich verschanzt. Wie viel gastliche Offenheit brauchen wir, um im Innern nicht zu verkümmern? Und wie viel Nähe zwischen den Geschlechtern und Generationen in der Familie ist wünschenswert? Der Salon präsentiert die Nähe in literarischen Variationen und lädt zu einer Diskussion ihrer Ambivalenz ein.
Keto von Waberer, Autorin
„Schwester“
Der autobiographische Roman zeichnet das facettenreiche Bild einer Geschwisterbeziehung mit Neid und Konkurrenz, Liebe, Eifersucht und Autonomiestreben. Und doch brauchen die Schwestern einander, um sich gegen seelische und körperliche Übergriffe ihrer Eltern zu behaupten.
Wolfram Frommlet liest
„Der Kaiser von China“ von Tilman Rammstedt
Aus der Reise von Großvater und Enkel nach China wird nichts. Keith verspielt das Reisegeld, sein Opa macht sich alleine auf den Weg und schreibt „chinesische“ Postkarten aus dem Westerwald. Keith wiederum taucht unter und erfindet die Chinareise in Briefen an seine Geschwister. In Episoden voller Komik und Melancholie wird das besondere Band zwischen Enkel und Großvater spürbar.
Dr. Friederike Kuster, Philosophin
„Neosexualitäten“
Soziologen beobachten zurzeit eine stillschweigende „familiale Revolution“. Grundlegende Veränderungen der Gesellschaft haben zu einer Auflösung der klassisch bürgerlichen Familienordnung geführt. Rollen und Identitäten in der Familie werden neu definiert. Davon sind die angestammten Geschlechterverhältnisse ebenso betroffen wie die traditionellen Eltern-Kind-Verhältnisse.
Kristin Winter & Hajo Fickus lesen
aus Briefen deutscher Schriftsteller an ihre Eltern
Neben berühmten Texten wie Kafkas „Brief an den Vater“ stellen der Schauspieler und die Autorin auch überraschende Fundstücke aus Briefen vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart vor. Darin scheinen außer Liebe und Dankbarkeit auch Konflikte durch, wenn die Briefschreiber ihre Schriftstellerexistenz rechtfertigen, um einen Zuschuss bitten oder Zweifel und Versagen eingestehen müssen.
Asta Scheib, Autorin
„Kinder des Ungehorsams“
Ein Mönch und eine Nonne werden Mann und Frau - Martin Luther und Katharina von Bora, zwei willensstarke Persönlichkeiten. Asta Scheib erzählt von der Beziehung aus der Sicht der Katharina von Bora. Die Schilderung einer in dieser Form wohl einmaligen Ehe lässt den Alltag im Hause Luther, Höhen und Tiefen des Zusammenlebens und religiöse Konflikte lebendig werden.
Rezension der Salonnacht in der Schwäbischen Zeitung: